Die Diagnose CED bedeutet eine lebenslange Erkrankung, deren Verlauf sich von Mensch zu Mensch unterscheidet. Gemeinsam ist allen Betroffenen aber die Scham, darüber zu sprechen.

Mit der Erkrankung verändert sich das Leben für die erkrankte Person und ihr Umfeld grundlegend. In starken Schubphasen ist ein normaler Tagesablauf aufgrund der ständigen Durchfälle nahezu unmöglich, darauffolgende Remissionsphasen bringen den Alltag zurück. Diese immer wiederkehrenden Wechsel zwischen dem „normalen Leben“ und einem Ausnahmezustand bedeuten nicht nur Stress in der Schubphase. Die Angst vor dem nächsten Schub als ständiger Begleiter kann auch in der symptomfreien Zeit eine schwere Belastung sein.

Mitten im Leben

An CED erkranken Frauen und Männer gleichermaßen, aber auch Kinder können betroffen sein. Besonders häufig ist der Erkrankungsbeginn im Alter zwischen 20 und 35 Jahren. Gerade diese jungen Erwachsenen sind in Beruf und Freizeit besonders aktiv, arbeiten an beruflichem Erfolg, betreiben Sport oder andere Hobbies oder planen vielleicht gerade eine Familie zu gründen. Die Erkrankung reißt sie zunächst mitten aus diesem Leben heraus, denn sie beeinflusst alle Lebensbereiche: vom Arbeitsplatz über den Alltag in Familie und Partnerschaft bis hin zu Sexualität oder Schwangerschaft.

Zur Unterstützung in der Bewältigung der Probleme, die neben den eigentlichen Krankheitssymptomen auftreten, werden einerseits Fachschulungen für Patient*innen und deren Angehörige angeboten, andererseits werden die Betroffenen auch auf psychologischer Ebene betreut. Auch die österreichischen Selbsthilfegruppe ÖMCCV bietet Patient*innen eine Plattform zum Austausch und gegenseitiger Hilfe.

Betroffene

Auch Angehörige und Partner sind CED-Betroffene.

Für Beziehungen und in der Familie kann eine Erkrankung zur Belastungsprobe werden. Durch Interesse und Offenheit kann beidseitig an einem guten Klima gearbeitet werden, das sich wiederum positiv auf den Krankheitsverlauf auswirkt.

Mehr Tipps zur Steigerung des Wohlbefindens unter Therapieerfolg verstärken.

Was ändert sich mit der Erkrankung? Was für Probleme können auftauchen und wie können sie gelöst werden? Worauf muss ein Betroffener achten, und was kann man machen damit ein möglichst großer Teil des Lebens „normal“ bleibt?

CED IM JOB

Für Angestellte lassen schubbedingte Krankenstände und kürzere bis lange Krankenhausaufenthalte ein geregeltes Arbeitsleben zunächst unmöglich erscheinen. Einige Berufe lassen sich mit flexiblen Stundenwochen oder Heimarbeitszeiten vereinbaren, in manchen Fällen ist ein Jobwechsel allerdings unumgänglich.

In CED-Selbsthilfegruppen können sich Betroffene über die Problembewältigung im Berufsleben informieren oder sich in Fragen des Arbeitsrechts beraten lassen.

CED IN STUDIUM, LEHRE ODER SCHULE

Auch hier sind Fehlstunden oder Tage in Schubphasen nicht zu vermeiden. Schüler*innen und Student *innen verlieren nicht selten ein Semester oder ein Jahr, vor allem bei Ausbildungen mit Anwesenheitspflicht können Schwierigkeiten entstehen.

Hier ist Offenheit gefragt! Ein aufklärendes Gespräch mit Verantwortlichen öffnet oft Möglichkeiten, Anwesenheitsregelungen zu lockern oder versäumte Prüfungen nachzuholen.

CED IN DER ÖFFENTLICHKEIT

Für die meisten CED-Erkrankten ist das Verlassen der eigenen vier Wände insbesondere während eines Schubs sehr unangenehm. Durch die Unsicherheit, wo und ob man rechtzeitig die nächste Toilette finden wird, kann auch eine einfache Besorgung mit großer Angst verbunden sein. Viele Betroffene verbringen daher die Zeit während eines Schubs möglichst im sicheren Zuhause.

Mit jedem Tag, den man das Haus nicht verlässt, wird die Überwindung größer und es kann durch Depressionen sogar zu einer zusätzlichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes kommen. Ein regelmäßiges Hinauswagen mindert nicht nur die Angst davor, sondern fördert auch die Routine im Umgang mit der Krankheit selbst.

Die österreichweite Initiative „Crohn Friendly Place“ hilft Betroffenen, sich im öffentlichen Raum sicherer zur fühlen durch die Möglichkeit, in markierten Geschäftslokalen die Toilette zu benützen. Eine Adresssuche im Web sowie eine Handy-Applikation für unterwegs ermöglichen ein entspannteres Bewegen im öffentlichen Raum.

In besonderen Fällen kann auch ein Euro-Key angefordert werden, um Zugang zu öffentlichen Toiletten zu erleichtern.

Freizeitaktivitäten und Hobbys haben immer eine positive Wirkung auf das Wohlbefinden und sollten bewusst auch nach einer Erkrankung beibehalten werden. Im Gespräch mit der CED-Schwester kann abgeklärt werden was für Möglichkeiten zur weiteren Ausübung bestehen.

REISEN

In der Urlaubsplanung spielt die Erkrankung dann eine Rolle, wenn das Reiseziel ein Land mit Impfungspflicht oder bekannten Durchfallerkrankungen ist. Je nach Therapieform können die Impfungen für den Patient*innen ein Risiko darstellen (Achtung: keine Lebendimpfstoffe während immunsuppressiver Therapie) und müssen auf jeden Fall mit dem behandelnden Ärzt*in oder der CED-Nurse abgesprochen werden. Umweltbewusst und praktisch: Viele reiselustige CED-Patient*innen lernen öffentliche Verkehrsmittel neu zu schätzen, da man die Zugfahrt oder Flug für einen Toilettengang nicht extra unterbrechen muss.

SPORT

Normalerweise sind alle Arten von Sport erlaubt, einige haben sogar nachweislich positive Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf. Tritt als Nebenwirkung der Therapie eine Knochenschwäche auf, sollten Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko vermieden werden.

Betroffene ziehen sich oft zurück, weil sie ihr Umfeld nicht mit der Krankheit belasten wollen oder weil sie sich dafür genieren. Dadurch kann es zu Problemen in Partnerschaften und in der Familie kommen, bei alleinstehenden Betroffenen durch die Abkapselung zu Isolation und Vereinsamung.

Angehörige und Partner*innen, die sich um einen Erkrankten sorgen, stehen selbst unter Druck. Auch für sie empfiehlt sich der Besuch einer Selbsthilfegruppe, wo sie sich mit Personen austauschen können, die in derselben Rolle stecken wie sie selbst.

Wird die Belastung zu groß sollten auch Angehörige die Unterstützung eines Psycholog*in in Anspruch nehmen.

SEXUALITÄT

Medizinisch ist Sex in einer Schubphase unbedenklich, allerdings wird körperliche Nähe von CED-Patienten manchmal als unangenehm oder peinlich empfunden. Auch Schmerz spielt eine große Rolle. Partner*innen von CED-Patient*innen können das als Zurückweisung missverstehen, was unausgesprochen auf Dauer zu Problemen führt.

Gespräche helfen beiden Seiten, Verständnis für Ängste und Probleme des anderen mit der Situation zu entwickeln.

Die Diagnose CED steht einem Kinderwunsch nicht im Wege. Die Wahrscheinlichkeit, ein gesundes Kind zu zeugen, ist bei Frauen mit CED in Remission gleich groß wie bei einer gesunden Frau. Idealerweise sollte der Kinderwunsch frühzeitig besprochen werden, um bestmögliche Voraussetzungen zu schaffen (Vitaminhaushalt, Folsäure und Krankheitsaktivität).

FRUCHTBARKEIT

Prinzipiell ist die Fruchtbarkeit von Mann und Frau aufgrund einer CED nicht verringert. Jedoch kann die teilweise massive Entzündung den Zyklus beeinflussen. Im Falle einer Entfernung des Dickdarms kommt es bei Colitis ulcerosa Patientinnen zu einer erheblichen Verminderung der Fruchtbarkeit.

EMPFÄNGNIS

Bei laufender Therapie mit Methotrexat (MTX) und bis 6 Monate danach muss verhütet werden, da das Medikament Schäden von Spermien oder Eizellen hervorrufen kann.

Die Zeugung sollte möglichst in einer schubfreien Zeit erfolgen. Wird eine CED-Patientin während eines akuten Schubes schwanger, steigt das Komplikationsrisiko erheblich.

SCHUB IN DER SCHWANGERSCHAFT

Tritt ein Schub in der Schwangerschaft auf, muss schnell und richtig gehandelt werden. Die meisten Medikamente können auch problemlos während der Schwangerschaft gegeben werden, wichtig ist in diesem Fall eine gute Zusammenarbeit zwischen Gastroenterolog*in, CED-Nurse und Gynäkolog*in.

CED treten vermehrt bei jüngeren Patient*innen auf, von den betroffenen Jugendlichen ist fast die Hälfte unter 10 Jahre alt, sogar Säuglinge können betroffen sein. Einer sehr schwierigen Diagnose stehen gravierende Auswirkungen gegenüber: Bei Kindern und Jugendlichen vor der Pubertät können CED das Wachstum erheblich beeinträchtigen.

DIAGNOSE

Das Erkennen einer CED ist besonders schwierig, da bei sehr kleinen Kindern ungeformte Stühle nichts Ungewöhnliches sind, andererseits mit Morbus Crohn bei Kindern anfangs erst gar keine Durchfälle auftreten. Bauchschmerzen, Abgeschlagenheit und Appetitlosigkeit könnte als Unlust, zur Schule zu gehen missdeutet und nicht ernst genommen werden. Bei Colitis ulcerosa ist die Diagnose einfacher, da durch das Blut im Stuhl eine eindeutige ernste Erkrankung normalerweise erkannt wird.

THERAPIE

Kinder werden primär mit einer Ernährungstherapie behandelt. Auch Immunsuppressiva und Biologika finden ihren Einsatz und werden bei Kindern entsprechend dosisadaptiert verwendet.

SEELISCHE BELASTUNG

Mehr noch als für Erwachsene ist für Kinder die Scham ein großes Problem. Die Angst vor Inkontinenz und Hänseleien belastet Kinder mit CED wie auch deren Eltern. Auf viele gemeinsame Aktivitäten mit Gleichaltrigen muss verzichtet werden, z.B. wenn sie zu weit von der nächsten Toilette entfernt stattfinden.

Lehrer*innen und andere Eltern in Schule oder Kindergarten sollten auf jeden Fall über die Krankheit aufgeklärt werden. Ein offener Umgang fördert die Akzeptanz und das Verständnis für die Betroffenen.